4000 Kilometer von zu Hause treffen sich drei Männer in Barda, einst entscheidender Punkt des Trassenbaus und Mittelpunkt ihres Lebens. Joachim Reinsch, der Chef, Ullrich Barth, der Hauptingenieur und der Fotograf Lutz Wabnitz. Der hatte Anfang der 80er vom Zentralrat der FDJ den Auftrag, die Helden der Trasse mit einem aufwendigen Bildband zu würdigen. Über zehntausend Fotos schoß er damals.
1986. Am Abschnitt Barda sollte sich das Schicksal der gesamten Trasse entscheiden. Wabnitz war monatelang im Lager, er erlebte die "Schlacht von Barda" hautnah. Die DDR-Trassenbauer konnten die vorgeschriebenen Planziele nicht halten. Die Russen aber wollten nicht mit sich reden lassen. Der mächtige Bruder drohte: Wenn ihr den Plan nicht schafft, beenden wir die Zusammenarbeit und bieten den Franzosen oder Kanadiern dieses Projekt an. Die DDR in der Klemme: Ohne das russische Gas waren die großen Chemiestandorte Buna und Leuna ernsthaft gefährdet. Ein gewaltiger Kraftakt begann, Menschen und Material aus allen Standorten wurden nach Barda geschafft. In dem für 500 Arbeiter konzipierten Speisesaal tranken und speisten zeitweilig bis zu 3000 "Schippenstiele". Die Betten im Lager waren wie auf einem U-Boot doppelt belegt - einer raus aus dem Bett, einer rein. Gearbeitet wurde rund um die Uhr. Die Atmosphäre im Lager drohte täglich zu kippen. Einige drehten durch, bekamen den "Lagerkoller". Endlich, im Dezember 1986, fiel den Genossen in Berlin ein Stein vom Herzen - der Plan im Abschnitt Barda wurde erfüllt.
Der wirtschaftliche Ansatz hieß: Arbeit gegen Gas, durch eigene Bauleistungen Devisen sparen. Stattdessen wurden viele Devisen ausgegeben: Achtzig Prozent der Maschinen und Werkzeuge kamen aus dem NSW - dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet. Die japanische Firma Komatsu wurde erst durch den Generalauftrag aus der DDR zu einer Weltfirma, Schweiß- und Biegemaschinen kamen aus den USA. Alles andere wurde aus der DDR geschickt. Arbeitsschutzbekleidung für Temperaturen, die in Mitteleuropa niemand kannte. Ein DDR-Betrieb wurde monatelang für die Winterstiefelproduktion lahm gelegt. Auch die Mützen kamen aus der Heimat. Und was war es für ein wirtschaftlicher Unsinn, selbst die Köchin aus der Heimat einfliegen zu lassen. Ulli Barth kann die Vergleiche ziehen mit den heutigen Baustellen, er hat auch nach der Wende für andere Firmen in Rußland Rohre verlegt. Da kommen sie mit 15 Leuten aus Deutschland, um eine Baustelle mit 500 Arbeitern zu betreiben. Für die DDR waren damals 15.000 Arbeiter im Permer Gebiet.
"DDR geheim - Die Jahrhunderttrasse" erzählt, mit wie viel Aufwand an der zweiten, der Erdgastrasse gearbeitet wurde. Im öffentlichen Bewußtsein spielte die zweite Trasse kaum eine Rolle. Großes Tamtam wurde noch an der ersten, der "Druschbatrasse" durch die Ukraine, gemacht. Dort arbeiteten die Bruderländer auch noch mit. An der Erdgastrasse stand die DDR allein an der Seite des großen Bruders und ging mit diesem Projekt an seine wirtschaftlichen Grenzen.
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